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Das Kollektiv Fanclub meint dieser Artikel lässt duchblicken was die Faszination ausmacht die der Verein auf der Waldau ausstrahlt.

"Ein Verein braucht eine Philosophie"

Vor dem vielleicht weichenstellenden Spiel gegen den VfL Osnabrück (Samstag, 15 Uhr/Waldaustadion) appelliert der Trainer Rainer Zobel an die Spieler der Stuttgarter Kickers. "Wir sind bei einem ganz besonderen Verein beschäftigt. Und wir sind es dem Verein schuldig, dass er nicht absteigt.''

Von Horst Walter

Rainer Zobel wird die Szene nie vergessen. Damals, als er 1990 zum ersten Mal in Degerloch um einen Vertrag verhandelte, ging der Kickers-Präsident mit ihm auf die Mitte des Fussballplatzes, zeigte ihm den Fernsehturm, den Wald, die vielen Sport- und Spielplätze, liess ihn die Ruhe auf der Waldau geniessen und sagte dann: "Jetzt werden Sie verstehen, dass Sie hier kein Gehalt bekommen, sondern Urlaubsgeld.''

Es war der Beginn einer grossen Liebe - zwischen dem Fussballlehrer Rainer Zobel und dem Fussballverein Stuttgarter Kickers. Und auch heute noch, nach seinem Comeback zehn Jahre später, ist der 52-jährige Trainer überzeugt, dass man sich bei den Kickers ganz einfach "wohl fühlen muss''. "Es gibt nur ganz wenige Vereine in Deutschland, die was Besonderes sind. St. Pauli zum Beispiel, Schalke - und die Kickers gehören dazu'', sagt Zobel, der im Moment dabei ist, auch seinen Spielern diese Einstellung zu vermitteln. Zobel: "Die wissen auch, dass es ihnen hier in Degerloch gut geht. Aber einige wissen noch nicht, dass diese familiäre Gemütlichkeit nicht zur Gleichgültigkeit führen darf, sondern dass man daraus als Spieler vor allem Kraft schöpfen sollte.''

Der Mann ist rumgekommen in der Welt. Als Spieler war er zu den grossen Zeiten mit Bayern München erfolgreich, als Trainer war er in Kaiserslautern, in Nürnberg, bei Tennis Borussia Berlin, zuletzt in Ägypten (drei Mal Meister mit Al-Ahly Kairo). Und jetzt sitzt er wieder in Degerloch. Wie einst im Mai.

Damals ist er in die Bundesliga aufgestiegen mit den Kickers - und wenn er heute beim Glas Pils beim Italiener im herrlichen Ambiente unter dem Fernsehturm darüber nachdenkt, was aus dem Verein sportlich geworden ist, fallen ihm die Erklärungen schwer. Natürlich hat er in der Ferne die vielen Konzepte verfolgt, die in Degerloch nie richtig umgesetzt worden sind. Von der Vision 2000 war zuerst beim Zweitligisten die Rede, danach vom Regionalkonzept. "Wissen Sie'', sagt Rainer Zobel und schaut hinüber in Richtung Waldaustadion, "ein Verein braucht eine Philosophie. Und von der darf er nie abweichen - und wenn ein Trainer nicht zur Philosophie passt, muss man ihn auswechseln. Egal, ob der Mann Erfolg hat oder nicht. Die Philosophie ist das Wichtigste.'' Das beste Beispiel für Zobel ist sein ehemaliger Verein Bayern München. Ein Otto Rehhagel war da nicht erfolglos, aber er hat nicht zur Philosophie der Bayern gepasst. Zobel: "Also musste er gehen.''

Ein Rainer Zobel passt zur Philosophie der Stuttgarter Kickers, davon ist ein Rainer Zobel überzeugt. Er sitzt gern mal am Stammtisch in Harry Klägers Clubrestaurant und diskutiert mit dem so genannten blauen Adel, er braucht den Kontakt bei Heimspielen zu den ewigen Nörglern auf der Haupttribüne, "die auch zur besonderen Atmosphäre dieses besonderen Vereins gehören''. Er fühlt sich wohl im ADM-Sportpark, er ist sogar befreundet mit dem Präsidenten Axel Dünnwald-Metzler, um den er sich Sorgen macht, "weil er nach seiner Operation viel zu früh aus dem Krankenhaus ist, weil ihm seine Kickers gefehlt haben''.

Daran, sagt Zobel, erkenne man doch die Philosophie. Ein familiärer Verein, bei dem sich trotz hartem Profibusiness jeder um jeden kümmere. Und jetzt müsse man dieses Konzept auch noch auf den sportlichen Bereich richtig übertragen. "Klasse statt Masse'' heisst das für den neuen Trainer. Mit der Jugend will er arbeiten - und höchstens ein, zwei oder drei Klassespieler für teures Geld halten. "Nur ein verhältnismässig kleiner Kreis von Spielern kann in schwierigen Situationen enger zusammenrücken - und das müssen wir jetzt tun'', sagt Zobel, der in der vergangenen Woche fünf Spielern aus dem viel zu grossen Kader erklärt hat, dass sie sich einen anderen Klub suchen können. Warum er sie nicht gleich rausgeworfen hat? "Sehen Sie, das wäre auch nicht Kickers-like.''

Wenn der Braunschweiger allen erklärt hat, was Kickers-like ist, könnte der Verein wieder auf den richtigen Weg kommen. Bei der Mannschaft jedenfalls ist er damit weiter, als viele glauben. Sagt er. Er habe zwar keine 25 Spieler, die die Kickers-Philosophie leben, "aber mehr als elf''. Und den Rest versucht er zu überzeugen.

Zum Beispiel, indem er ihnen die Stadionzeitungen vor Auswärtsspielen zeigt, in denen meistens steht, dass die Kickers eigentlich gar nicht in die zweite Liga gehören, sondern nur vom Lizenzentzug der Berliner profitiert haben. "Dagegen müsst ihr euch wehren'', sagt Zobel. "Und wenn ihr das nicht tut, interessiert euch der Verein nicht. Dann brauche ich euch nicht.''

Oder zum Beispiel mit den grossen Vorbildern. Ein Klinsmann, ein Buchwald, ein Allgöwer, sie würden heute noch von den Kickers schwärmen. "Daran könnt ihr sehen, dass ihr bei einem besonderen Verein beschäftigt seid. Und diesem Verein sind wir jetzt schuldig, dass er nicht absteigt.''

(Quelle: StZ, 7.12.00)